Das Wort zum Sonntag: Von Märchenprinzen und anderen Fabelwesen

Kinder, die grosse Mehrheit von uns ist wohl irgendwann im Laufe ihrer Kindheit in den Genuss der allseits beliebten Trickfilme aus dem Hause Disney gekommen. Soweit so gut. Wir alle kennen die Kurzzusammenfassung dieser Filme: schöne Prinzessin in Nöten wird von schönem Prinz gerettet. Und sie leben glücklich bis an ihr Lebensende. Bla bla, bla bla.

Erlaubt mir eine kurze Unterbrechung dieser von zuckergusstriefenden Cupcake-Fantasien, denn zwei Punkte schreien zum Himmel:

1. Glücklich bis an ihr Lebensende? Von wegen. Thematisiert auch nur irgendeiner dieser Filme den öden Alltag des Traumpärchens? Nein, Fehlanzeige. Der Film endet, bevor man sich richtig kennen lernt und sich über die Macken des anderen nerven oder über den Abwasch und die Schwiegereltern streiten könnte.

2. Liebe weibliche Wesen unter meinen Lesern. Mal ehrlich: warten wir, wenn wir in Nöten sind etwa auf einen Prinzen? Hell no, denn unser gesunder Menschenverstand sagt uns, dass wir da wohl lange warten könnten - und weil wir tendenziell ungeduldig sind und sowieso nur unseren eigenen Fähigkeiten vertrauen, nehmen wir die Sache lieber gleich selbst in die perfekt manikürten Hände. Und sowieso, scheiss auf Märchenprinzen. So platt wie die in den Filmen daherkommen, wird es mit denen bestimmt langweilig, sobald frau sich am Sixpack sattgesehen hat.

Doch Märchenprinzen hin oder her, es gibt ja noch ein anderes Fabelwesen, über das ich mich hier auslassen möchte: die Märchenprinzessin.

Wer wacht mit perfekt gestylten Haaren und komplettem Make-up auf? Wer bleibt immer lieblich und nett? Wer muss von einem Prinzen gerettet werden? Bitch please. Erstens leiden wir hier (zumindest momentan) nicht unter Realitätsverlust und zweitens leben wir im im 21. Jahrhundert.

Morgens sieht man nun mal tendenziell bescheiden aus - das gilt für die Herren der Schöpfung übrigens auch - Duvetabdruck, Struwwelpeterfrisur und Sabberflecken sind einfach nicht sexy. Sorry dafür. Und die Immernetten? Nun, ich kann einfach nicht glauben, dass so etwas ohne Medikamente realisierbar ist. Oder nicht ohne angeborenen Dachschaden angeborene Verhaltensstörung. Und schlussendlich zu der Sache mit dem gerettet werden; das hatten wir ja schon - lieber gleich selbst machen, dann ist man auch mit dem Endergebnis zufrieden. Oder zumindest selber schuld.

Und sowieso: Prinzessin? Sorry, scho nätt u so, aber ender weniger... Ich bin mit Power Rangers, Kickers, Godzilla, Bud Spencer & Terence Hill und Police Academy gross geworden. Ich war zu pummelig, um im Tutu gut auszusehen, also fiel Ballettunterricht flach. Im Werkunterricht baute ich einen Kran und die obligatorische Schulzeit habe ich überlebt, ohne dass ich eine allerbeste Freundin (von der Sorte, mit der man Kleider und Plüschtiere austauscht und sich gegenseitig Sticker ins Heft klebt) gehabt hätte. Und heute will ich Bier trinken. Und fluchen. Habe ich sonntags Lust dazu, dann gammle ich unfrisiert und ungeschminkt mit Brille im Trainingsanzung auf dem Sofa rum. Weil prinzipiell ist es mir herzlich egal, ob mein Benehmen denn nun meiner Geschlechterrolle entspricht oder nicht. If I want to, I can do it like a dude.

Ich bin von einer Prinzessin also etwa soweit entfernt, wie Paris Hilton von einer ernsthaften Schauspielkarriere.

Deshalb ist es wohl definitv Zeit, sich von den Märchenprinzen und -prinzessinnen zu verabschieden. Und sollte ich hin und wieder doch noch das Verlangen nach Disney-Idylle verspüren, dann kaufe ich mir eben einen Kalender mit gut gebauten jungen Herren. Ein Märchenprinz für jeden Monat, sozusagen. Oder ich streiche mir die Nägel mit Glitzernagellack.

So einfach ist das.

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Liebste Grüsse vom Okapi