Das Wort zum Sonntag: Krise!

Hach, es ist eine Krux. Gerade eben noch hat klein Okapi zufrieden mit ihren Puppen und Bauklötzen gespielt - und dann brach langsam aber sicher der Ernst des Lebens an. Hatte sie es sich früher bei manch einer Gelegenheit noch herbeigesehnt, auch zu den Grossen zu gehören, auch endlich alles zu dürfen, worauf sie Lust hatte - so merkte sie ziemlich schnell, dass eben nicht alles Gold ist, was glänzt, oder anders ausgedrückt; dass alles seine Schattenseiten mit sich bringt. 




Nun, so weit so gut, mit der Zeit gewöhnte sich Okapi - anpassungsfähig wie seltsame Wesen eben sein müssen - auch an diese Umstände und glaubte, sich in der Welt der physisch erwachsenen ganz gut zurecht zu finden. Dies sollte sich jedoch an einem schicksalhaften Morgen im Januar schlagartig ändern, als sich im Spiegelbild etwas merkwürdiges erkennen liess. Irgendwie hatte dieses Haar in ihrem Pony vergessen, Pigmente zu produzieren - denn es war weiss wie der Schnee, der in dieser Jahreszeit eigentlich vor der Türe liegen müsste. Nach einem viertelstündigen Anfall von Schnappatmung, Ungläubigkeit, Belustigung und Entrüstung verfiel unser Okapi schliesslich in eine veritable Sinnkrise. Anfang zwanzig machte sich da doch tatsächlich schon der physische Verfall des Alters bemerkbar - welche Frechheit!

Da sass Okapi nun und die Abwärtsspirale begann sich zu drehen. Die Jugend vorbei. Alles aus.  Nichts mehr mit Unbeschwertheit, Unsinn und Unvernunft. Stattdessen Karriere, Heiraten, Kinder, Eigenheim? Statt Caipirinha nun Jahrgangswein? Hippiekleidchen gegen Businesskostüm eintauschen? Weg von sauren Gummidrops und Kinderschokolade zu Vollwertküche und Bio-Obst? Still schluchzend fragte sich unser Okapi, wie es nur dazu hatte kommen können. Warum? Weshalb? Wieso?


Schliesslich war ihr klar, dass sie wohl das ärmste Okapi auf Erden sein musste. (Nun, liebe Leser, sind wir mal ehrlich: manche verfallen der Midlife-Crisis, andere schieben Krise, noch bevor das Leben überhaupt angefangen hat. Tief innen drin sind wir eben doch alle gestört. Macht aber nichts.) Hach, was bot sich da für ein Stadttheaterreifes Schauspiel - ein Okapi, das mit dem Schicksal haderte! Dass ihr beim nächsten Apothekenbesuch von der ollen Schickse hinter dem Tresen doch tatsächlich ein Müsterchen Anti-Falten Crème in die Tüte gepackt wurde, schlug dem Fass dann schliesslich den Boden aus. Wer, wer hatte diese hässliche Verschwörung nur angezettelt? Welche kriminellen Mächte wollten klein Okapi dermassen drangsalieren? Was sollte als nächstes kommen? Würde die Tante von der Bank anrufen, um ein Gespräch bezüglich privater Altersvorsorge zu führen? Stand ihr die Anmeldung beim örtlichen Seniorenturnverein bevor?


Meine Lieben, wie wir alle Wissen, zehrt Paranoia an den Kräften, und so wurde es unser Okapi nach einiger Zeit denn auch leid, sich weiterhin über all diese hässlichen Dinge Gedanken zu machen. Okapi begann, sich zu entspannen und wandte sich wieder den wichtigeren, schönen Dingen des Lebens zu. Und siehe da, die - wir wollen sie freundlicherweise pigmentlose  Haare nennen - verschwanden so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren. Aufatmen und De-Panic im Okapiland also.


Und die Moral von der Geschichte? Was um Himmelswillen erklärt eine derartige - selbst für Okapiverhältnisse übertriebene - Abwärtsspirale der emotionalen Befindlichkeit?


Nun, es gibt wohl kaum jemanden, der wirklich gerne älter, geschweige denn erwachsen wird. Ehe man's sich versieht verfliegt die Leichtigkeit des Seins und man findet sich in einer Umgebung wieder, die gewisse Ansprüche an uns alle stellt. Und gerade als Studierende gerät man in ein Dilemma: die Zeit verfliegt wie im Flug, doch mit jedem Jahr mehr sehnt man es sich herbei, endlich auch etwas konkretes - sprich einen Abschluss - in der Hand zu halten. Gleichzeitig aber hält man im hier und jetzt fest und tut sich etwas schwer damit, sich ganz und gar auf die noch nebulös anmutende Zukunft einzulassen. Wie gelegen käme da eine Zeitschlaufe, die das Vorankommen ermöglichen und gleichzeitig das Altern verhindern würde!


Auch ein Okapi kann sich nicht über die Gesetze der Natur hinwegsetzen. Aber für den Notfall gibt es schliesslich Haarfärbemittel und Anti-Falten Crème. Und solange keine Notwendigkeit besteht, den Ausweis zu zeigen, unterliegt das biologische Alter der willensgesteuerten Modifikationsmöglichkeit. Entspannte Perspektiven also! Ein Hoch auf Caipirinha, Kinderschokolade und Hippiekleidchen!


P.s.: da klein Okapi auch in diesen Zeiten gelegentlich noch dazu aufgefordert wird, ihren Ausweis zu zeigen um Alkohol zu kaufen, schliesst die Redaktion, dass die Schickse aus der Apotheke entweder eine doofe Zicke oder schlicht und ergreifend neidisch war...

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Liebste Grüsse vom Okapi